Wie Fusionen und Übernahmen, Börsengänge und ein bisschen GENIUS das FinTech-Fieber anheizen

In unserem Ausblick 2025 zu Jahresbeginn rechneten wir mit einem Wiederaufleben privater und öffentlicher FinTech-Finanzierungen, die sich im späten Frühjahr mit einigen Börsengängen zeigte. Die Online-Broker-Plattformen WeBull und eToro gingen im April und Mai an die Börse, während die Neobank Chime im Juni folgte und den Monat um 28 % über dem Ausgabekurs mit einem Marktwert von 13 Mrd. USD abschloss.

Herausragend in dieser Saison der Börsengänge ist der ohnehin hervorragende Stablecoin-Emittent Circle. Er hatte ein außergewöhnliches Debüt, bei dem sich sein Aktienkurs in der Spitze fast verneunfachte und Ende Juni eine Marktkapitalisierung von 40 Mrd. USD aufwies. Und es stehen noch weitere Kapitalmaßnahmen an. Klarna, ein „Buy-now-pay-later“-Anbieter hat seinen Börsengang bereits eingeleitet, und der digitale Vermögensverwalter Wealthfront, hat im letzten vertraulich seinen Börsengang beantragt.¹

Auch die private FinTech-Finanzierung wurde mit Ramp, einem FinTech-Unternehmen für Ausgabenmanagement, fortgesetzt, das in seiner jüngsten Finanzierungsrunde weitere 200 Mio. USD aufnahm und seine Bewertung auf 16 Mrd. USD erhöhte. Darüber hinaus erwarb der Zahlungsabwickler Stripe den Krypto-Wallet-Anbieter Privy für einen ungenannten Betrag, während der Anbieter von Buchhaltungssoftware Xero die Plattform für Rechnungszahlungen Melio für 2,5 Mrd. USD übernahm. Robuste Kapitalmarktaktivitäten signalisieren mehr Vertrauen in einen vielfältigen und wachsenden FinTech-Markt, der kurz-, mittel- und langfristig erhebliche Wachstumschancen für die FinTech-Strategie schafft.

Stablecoins, einst eine Krypto-Neuheit, sind mit der Verabschiedung des GENIUS Act (Guiding and Establishing the National Innovation for US Stablecoins Act of 2025) im US-Senat auf dem besten Weg, sich zu etablieren. Durch dieses wegweisende Gesetz können Banken und regulierte Emittenten höchstwahrscheinlich bis zum Ende dieses Sommers tokenisierte US-Dollar herausbringen. Es handelt sich um den ersten Schritt zur Legitimierung von Stablecoins im grenzüberschreitenden und inländischen Zahlungsverkehr, aber auch im Finanzmanagement von Unternehmen und in der Finanzdienstleistungsinfrastruktur.

Die schnelle Reaktion der führenden Einzelhandelsunternehmen ist bezeichnend. Amazon und Walmart prüfen die Ausgabe eigener Stablecoins, mit denen sie erhebliche Gebühren sparen könnten.² Derweil hat Coinbase, in Partnerschaft mit Shopify, seinen Stablecoin-Stack für Zahlungen eingeführt, der auf seiner Base-Layer-2-Blockchain aufbaut.³ Die im Juni eingeführte Technologie integriert Zahlungen in USD-Münzen (USDC) nahtlos in die Shopify-Verarbeitungssysteme für Verkäufer. Diese modularen Stacks nutzen programmierbare Zahlungsströme, die die herkömmliche E-Commerce-Logik nachbilden⁴ und unterstützen, dass tokenisierte Zahlungen von Online-Händlern leicht übernommen und skaliert werden können.

Darüber hinaus zeigt die bevorstehende Einführung von FIUSD (einem in USD abgesicherten Stablecoin) in der Blockchain Solana durch Fiserv, die von Paxos und Circle unterstützt wird, wie die Integration der wesentlichen Bankinfrastruktur mit Blockchain für Abwicklungen rund um die Uhr und die Einbettung von Compliance-Tools erfolgt. Diese Ankündigungen deuten darauf hin, dass Stablecoins mit ihrer programmierbaren Logik und Echtzeit-Interoperabilität als Grundlage für künftige Finanzdienstleistungen dienen werden.

Emittenten von Stablecoins erzielen in erster Linie Einnahmen durch Zinsen auf Fiat-Geld, das sie bei Banken hinterlegen, oder durch den Kauf von US-Staatsanleihen. Ende Juni belief sich die Summe von Stablecoins in öffentlichen Blockchains auf insgesamt 254 Mrd. USD, davon 159 Mrd. USDT (Tether) und 61 Mrd. USDC (Circle). Zum Vergleich: Die Geldmenge M2 der US-Notenbank Fed (ein Maß dafür, wie viel Papiergeld in der US-Wirtschaft zirkuliert) lag Ende Mai bei 22 Billionen USD. In einem Beitrag auf X schätzte US-Finanzminister Scott Bessent, dass Stablecoins bis 2030 ein Marktvolumen von 3,7 Billionen USD erreichen könnten, was auf eine potenzielle Akzeptanz über digitale Vermögenswerte hinaus hinweist.⁵

Diese Akzeptanz sollte sich am Wachstum des Transaktionsvolumens ablesen lassen, wenn auch mit Verzerrungen durch Bots und Hochfrequenzhandel. Abbildung 1 zeigt, dass das bereinigte Transaktionsvolumen im Juni im Vergleich zum Vorjahr um 104 % auf über 800 Mrd. USD gestiegen ist. Der CEO von JP Morgan, Jamie Dimon, gibt an, dass sein Unternehmen täglich etwa 10 Billionen USD umsetzt. Wenn dies ein Anhaltspunkt für das Stablecoin-Volumen bieten kann, wird klar, dass ein erhebliches Wachstumspotenzial besteht.

Sowohl Visa als auch Mastercard, Giganten im Bereich traditioneller kommerzieller Zahlungssysteme, haben stark investiert, um die Nutzung von Stablecoins in ihre Netzwerke zu integrieren. Der CEO von Visa, Ryan McInerney, hat sich optimistisch über die Zukunft von Stablecoins geäußert, unterstreicht aber die Notwendigkeit von Vertrauen, Benutzerfreundlichkeit und Skalierung.

Obwohl die Einführung von Stablecoins jenseits des Ökosystems digitaler Vermögenswerte noch in den Kinderschuhen steckt, scheint sie eher eine Bedrohung für die Geschäftsmodelle der Kartenaussteller als für die Unternehmen der Zahlungsnetze zu sein. Die Tokenisierung und die Händlernetzkapazitäten von Visa und Mastercard stellen nach wie vor eine mächtige Hürde dar, um das traditionelle System mit der Welt der Krypto-Währungen zu verbinden, auch wenn dies ein Fragezeichen hinter das anschließende Wachstum setzt. Die Aktienkurse sowohl von Visa als auch von Mastercard erreichten im Juni neue Höchststände, gaben aber bis zum Monatsende um 5,5 % nach.

Die Veranstaltung „To Catch A Token“ von Robinhood im Juni konzentrierte sich auf die Entwicklung einer Layer-2-Blockchain, die für reale Vermögenswerte optimiert ist. Diese Blockchain-Infrastruktur ermöglicht die nahtlose Übertragung von Vermögenswerten zu jeder Zeit. Robinhood kündigte Aktien-Token für börsennotierte US-Aktien wie NVIDIA, Microsoft und Apple an und bietet Nutzern in Europa auch tokenisierte Aktien von OpenAI und SpaceX an. Die regulatorischen Herausforderungen sind interessanterweise in den USA größer als in Europa, aber Robinhood und Coinbase sind Berichten zufolge mit der SEC in dieser Angelegenheit im Gespräch, um die Ausgabe ohne zusätzliche rechtliche Komplexität zu erleichtern.

Wir sind zuversichtlich, dass der Aufbau einer robusten technologischen Infrastruktur, die von der Aufsichtsbehörde kontrolliert wird, starke Signale für strukturellen Rückenwind bietet, der die Legitimität, die Akzeptanz und das Wachstum der Tokenisierung in der Vermögensverwaltungsbranche fördern wird. Robinhood und Coinbase sind bei diesen Initiativen deutlich als Vorreiter zu erkennen. Die Robinhood-Aktie stieg am Tag der Veranstaltung um 13 % und legte seit Jahresbeginn um 151 % zu, trotz Volatilität im April.

Fußnoten

¹ „Robo-advisor Wealthfront files confidentially for an IPO.“ Bloomberg, Juni 2025
²Walmart and Amazon Are Exploring Issuing Their Own Stablecoins, The Wall Street Journal, 13. Juni 2025.
³Layer-2-Netzwerke bauen auf der ursprünglichen Blockchain-Basisschicht auf und bieten zusätzliche Funktionen und Flexibilität für die Blockchain-Architektur. Durch Layer-2-Stacks werden Blockchain-Transaktionen günstiger, schneller und flexibler, was die Skalierung und Akzeptanz von Finanztransaktionen in der Praxis fördern wird.
⁴Im Wesentlichen spiegeln sie die Papiergeld-Workflows wider – von der Kundenabrechnung über Zahlungsautorisierungen, digitale Geldbörsen, Blockchain-basierte Buchhaltung bis hin zu treuhänderischen Erfassungen und Erstattungen.
⁵17. Juni 2025, X-Beitrag des Kontos von US-Finanzminister Scott Bessent