Die Nahrungsmittel der Zukunft sind gesund und nachhaltig
In den letzten 50 Jahren haben sich die globale Nahrungsmittelproduktion und die Ernährungsmuster stark verändert. Zunehmende Ernteerträge und verbesserte Produktionsweisen haben zur Erhöhung der Lebenserwartung und zur Verringerung des Hungers beigetragen. Diesen Vorteilen stehen allerdings erhebliche Umweltschäden aufgrund nicht nachhaltiger landschaftlicher Methoden sowie Gesundheitsprobleme gegenüber, die von Übergewicht bis hin zu Herzkrankheiten erreichen, da die Ernährung kalorienreicher geworden ist.
Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat sich die Häufigkeit von Übergewicht und Fettleibigkeit seit 1975 verdreifacht. Mittlerweile sind 39 % der Erwachsenen übergewichtig und 13 % fettleibig. Gleichzeitig sind 9,2 % der Erwachsenen untergewichtig. Das Nebeneinander von untergewichtigen und übergewichtigen Menschen hat zu einer doppelten Belastung durch Fehlernährung geführt. Es lässt sich also sagen, dass falsche Ernährung durchaus ein Problem darstellt.
Unterdessen sind Veränderungen bei den Präferenzen der Konsumenten hin zu gesünderen und nachhaltig produzierten Lebensmitteln1 zu beobachten. Wir sehen die attraktivsten Anlagemöglichkeiten bei Nahrungsmitteln und Getränken auf Pflanzenbasis, in vorfabrizierten Mahlzeiten wie denen von HelloFresh und Marley Spoon sowie in Software für Restaurants. Reine Nahrungsmittelhersteller in diesen Bereichen werden für Konsumenten zunehmend relevant. Sie sind in einem sehr großen Markt tätig und verfügen über eine noch relativ geringe Produktverbreitung. Das verschafft ihnen ausgezeichnete Wachstumschancen. Synthetisch hergestelltes Fleisch erscheint aus Umweltperspektive vielversprechend und auch die Produktionskosten sinken. Hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit bestehen allerdings noch Unklarheiten.
Die großen Nahrungsmittelhersteller stehen nach wie vor vor Herausforderungen, da sie einen Großteil ihrer Umsätze mit relativ ungesunden Lebensmitteln erzielen. Allerdings machen sie Fortschritte. Wir halten kleinere Firmen, die abgepackte Lebensmittel herstellen und über ein besseres Gesundheit- und Nachhaltigkeitsprofil verfügen, derzeit für besser positioniert.

Wie man in gesunde Lebensweise investiert
Neben diesen Ernährungstrends verfügt Robeco über eine Anlagestrategie für Investitionen in Unternehmen, die auf eine gesunde Lebensweise ausgerichtet sind2. Wir unterscheiden hier vier interessante Bereiche: drei davon stehen in Zusammenhang mit Prävention und eine ist auf Therapien fokussiert:
Bewusstsein der Konsumenten für gesunde Ernährung: dieser Aspekt ist eng mit der Zukunft von Lebensmitteln verknüpft. Dabei geht es um Anlagen in den Bereichen Zutaten sowie biologische und natürliche Nahrungsmittel, aber auch um Unternehmen, die Lösungen in den Bereichen Nahrungsmittelsicherheit und Analysen liefern. Es besteht noch erhebliches Wachstumspotential, da der derzeitige Marktanteil biologischer Lebensmittel in den USA beispielsweise lediglich 5 % beträgt. Allerdings nimmt er stetig zu.
Bewusstsein der Öffentlichkeit für gesunde Lebensweise: der Anteil übergewichtiger Menschen ist bereits hoch, doch leider hat fast ein Drittel der Weltbevölkerung während der Coronavirus-Pandemie weiter zugenommen (der Autor dieses Dokuments leider auch); der durchschnittliche Gewichtszuwachs betrug 6,1 kg!3 Entsprechend gut entwickeln sich die von der Strategie gehaltenen Aktien mit Bezug zu den Themen Fitness und sportlicher Aktivität. Die meisten davon stammen aus dem Bereich Sportbekleidung, aber auch Fitnessausrüstung.
Hygiene- und Gesundheitsprodukte für Verbraucher: ein weiterer Bereich, der für unsere Healthy Living-Strategie kein neuer ist, aber während der Pandemie ein sehr wichtiges Thema geworden ist, sind Hygieneprodukte. Dazu gehören Produkte für die Mund-, Haar- und Hautpflege sowie Vitamine und Nahrungsergänzungsmittel.
Letztlich ist dabei nicht nur die Prävention ein wichtiges Feld, sondern auch die Häufigkeit von Zivilisationskrankheiten, zu denen an oberster Stelle Übergewicht, Herzkrankheiten, Schlaganfälle und Krebs gehören. Wir investieren in die Bereiche Prävention und Diagnose, Effizienz der Gesundheitsfürsorge und Behandlung chronischer Krankheiten.
Der Gesundheitstrend ist tatsächlich ein langfristiger. Das Risiko (gemessen an der Volatilität) ist relativ niedrig, und die Strategie hat seit ihrer Auflegung im Jahr 2007 den breiten Aktienmarkt geschlagen.
Das Beste aus dem Schlechten machen
Auch wenn wir diesen Trend hin zu Prävention und gesundem Lebensstil interessant finden, wird weiterhin nur ein Bruchteil der Therapiekosten für Prävention ausgegeben. Nach wie vor steigen die Behandlungskosten überall und machen in den USA mittlerweile fast 70 % des BIP aus!

In der letzten Ausgabe von SI Opener haben wir die Rolle der Fleischlieferkette4 im Zusammenhang mit globalen Gesundheitsgefahren erläutert und dargelegt, auf welche Weise wir mit einigen der in unseren Portfolios vertretenen Unternehmen, die in diesem Bereich aktiv sind, im Dialog stehen. Im Folgenden möchten wir den Fokus auf zwei weitere Themen für den Unternehmensdialog legen, den wir in diesem Bereich führen.
Als erstes zu nennen ist unser Engagement in Bezug auf die Risiken von Zucker in Lebensmitteln5. Die dreijährige Phase dieses Engagements endete 2019, erwies sich aber als sehr relevant, da Untersuchungen des britischen National Health Service zeigten, dass ein Drittel der an Covid-19 Gestorbenen Diabetes des Typs 1 oder 2 hatten, die oft im Zusammenhang mit Übergewichtigkeit und Zucker steht.
Abgesehen von Gesundheitsaspekten können die negativen Auswirkungen auf das Abschneiden eines Unternehmens, das Zucker im Rahmen seiner Prozesse verwendet, erheblich sein. Zu den mit Übergewicht verbundenen Kosten gehören steigende Gesundheitsausgaben, sinkende Produktivität und vorzeitige Todesfälle. Aus diesen Gründen sind Nahrungsmittel- und Getränkehersteller regulatorischen, reputationsbezogenen, rechtlichen und marktbezogenen Risiken ausgesetzt.
Beispielsweise führen Regierungen sowohl in wohlhabenden als auch in ärmeren Ländern eine Steuer auf Zucker ein oder schränken Werbung für weniger gesunde Produkte gegenüber Kindern ein. Die regulatorischen Vorschriften im Hinblick auf Werbeaussagen zu Gesundheit und Ernährung werden verschärft. Gleichzeitig werden die Anforderungen an die Auszeichnung von Lebensmitteln erhöht. Am Ende könnten Unternehmen, die sich nicht an sich wandelnde Ernährungsgewohnheiten anpassen, an Marktanteilen, Umsatz und Gewinn einbüßen.
Disruption des Gesundheitswesens mit Tele-Tools
Das zweite Thema für den Unternehmensdialog betrifft die Aspekte Digitalisierung und Innovation, die unseres Erachtens die Kosten des Gesundheitswesens reduzieren können. Allerdings ist dafür ein Bewusstseinswandel erforderlich. Wird es zu Disruption in der Gesundheitsbranche kommen? Drei Entwicklungen deuten auf einen Wandel hin.
Erstens scheint das Gesundheitswesen, das bislang neue Technologien nur langsam einführte, mittlerweile digitale Innovationen zunehmend zu begrüßen. So erfolgt in zunehmendem Umfang ein elektronischer Abgleich von Daten zwischen Ärzten, Anbietern von Gesundheitsleistungen und Pharmafirmen.
Zweitens sind mehr Unternehmen offen für den Datenaustausch zwischen einzelnen Firmen, um das Potential der damit möglichen Einblicke zu maximieren. Drittens könnte die Einführung von Telemedizin die Kosten und die Wartezeiten für Patienten reduzieren, wenn sie Rat von einem qualifizierten Mediziner erhalten wollen.
Darüber hinaus verwendet die pharmazeutische Forschung zunehmend neue Technologien wie Künstliche Intelligenz, um den Zeitaufwand und die Kosten zu reduzieren, die mit der Entwicklung von Arzneimitteln verbunden sind. Jüngste Reformen deuten außerdem auf einen Wandel von aktivitätsbasierten hin zu ergebnisorientierten Modellen hin. Die Digitalisierung kann diesen Trend sicherlich weiter verstärken. Es bieten sich zahlreiche Möglichkeiten, von der Werbung für gesundes Verhalten und der Personalisierung von Arzneimitteln bis hin zu Fernüberwachung, ganzheitlicher Analyse und verbesserter Entscheidungsfindung. Zwar kann die Digitalisierung nicht allein die Herausforderungen im Gesundheitswesen bewältigen. Doch kann sie zur Kostenkontrolle, Qualitätsverbesserung und einer stärker patientenorientierten Ausrichtung des Gesundheitssektors beitragen.
Hauptziel unseres Engagements
Unser Engagement zielt hauptsächlich darauf ab, Einblicke in den aktuellen Stand der Digitalisierung in der Gesundheitsbranche zu erhalten, und Unternehmen dazu zu motivieren, die damit verbundenen Möglichkeiten zu nutzen sowie sich der Risiken bewusst zu sein und diese zu verringern. Im Rahmen unseres Engagements berücksichtigen wir die folgenden Ziele:
Digitalstrategie: verfügt das Unternehmen über eine solide Digitalstrategie, die in seiner gesamten Organisation integriert ist?
Kooperation innerhalb des Sektors: arbeitet das Unternehmen mit Stakeholdern zusammen, um den Nutzen der Digitalisierung zu maximieren und damit einhergehende Risiken zu verringern?
Innovationsmanagement: wie nutzt das Unternehmen die Digitalisierung, um sowohl seine Prozesse zu optimieren als auch neue Produkte zu entwickeln?
Vertriebs- und Marketingstrategie: wie setzt das Unternehmen digitale Technologie ein, um seine Vertriebs- und Marketingprozesse zu verbessern?
Cybersecurity: ist das Unternehmen sich der Risiken im Hinblick auf Cybersecurity bewusst und tut es alles ihm Mögliche, um diese Risiken zu verringern?
Wie bei allen wesentlichen ESG-Aspekten glauben wir, dass der Dialog mit Gesundheitsunternehmen den Sektor insgesamt vorwärtsbringt und gleichzeitig uns dabei hilft, für unsere Anlageportfolios die Firmen auszuwählen, die eine gesunde Zukunft haben.
Fußnoten
1Whitepaper von Robeco: Trends investing, the Future of Food, Sam Brasser, 24. März 2021
3https://www.ipsos.com/en/covid-diet-and-health#:~:text=A%20third%20of%20the%20population,on%20an%20additional%206.1kg .
4https://www.robeco.com/en/insights/2021/02/si-opener-the-meat-supply-chain-is-a-major-threat-to-global-health.html