23-03-2021 · Einblick

Rentenmarktausblick: Neues aus Amerika

Einiges Neues vollzieht sich in den USA. Die neue Regierung der Demokratischen Partei ist energisch an den Start gegangen – ein außergewöhnliches Fiskalpaket ist bereits auf den Weg gebracht worden. In der Folge erwarten wir mehr Arbeitsplätze, eine Wiederöffnung und Erholung der Wirtschaft sowie ein Auslaufen geldpolitischer Maßnahmen – und letztlich größere Werthaltigkeit bei Anleihen.

    Autoren/Autorinnen

  • Jamie Stuttard

    Head of Global Macro team and Portfolio Manager

  • Bob Stoutjesdijk

    Portfolio Manager and Strategist

  • Michiel de Bruin

    Head of Euro Sovereigns and Portfolio Manager

Was für ein Jahresauftakt! Einiges Neues vollzieht sich in den USA. Die neue Regierung der Demokratischen Partei ist energisch an den Start gegangen – ein außergewöhnliches Fiskalpaket ist bereits auf den Weg gebracht worden und die Breakevens haben sich ausgeweitet (sie befinden sich bereits deutlich oberhalb des Niveaus vor Beginn der Pandemie). Sofern keine Virus-Mutationen die Pläne zur Wiedereröffnung der Wirtschaft zunichtemachen, sollte es zu einem außergewöhnlichen Anstieg neuer Jobs, Basseffekten beschleunigter Inflation, vermehrten Konsumausgaben und Wirtschaftswachstum kommen. In Abhängigkeit von der Erholung des Arbeitsmarkts sollte man die ersten Anmerkungen der Notenbank zum Auslaufen ihrer Maßnahmen erwarten – wahrscheinlich im Mai. Zwar haben US-Staatsanleihen begonnen, an Werthaltigkeit zu gewinnen – so liegen die 5-jährigen Forwards auf 5-jährige Treasuries bereits oberhalb des von der Notenbank projizierten mittleren Langfristpfads. Doch sind wir möglicherweise noch nicht aus dem Gröbsten heraus, speziell im Hinblick auf die reale Renditen – solange der Markt nicht das Auslaufen der politischen Maßnahmen vollständig eingepreist hat.

Neben dem Markt für US-Staatsanleihen im Volumen von 13 Billionen US-Dollar ermöglicht innerhalb des globalen Aggregate-Anlageuniversums (66 Billionen Dollar) der globale Staatsanleihenmarkt (34 Billionen Dollar) eine aktive Differenzierung – und damit Alpha-Chancen (über Long- und Short-Positionen). Auch die Korrelationen sind so dynamisch wie immer. Bundesanleihen und japanische Staatsanleihen weisen im laufenden Jahr eine Volatilität von weniger als einem Drittel bzw. einem Achtel der Volatilität von Treasuries auf. Anleihen aus Italien und China sowie 2-jährige US-Staatsanleihen haben über beträchtliche Zeiträume ebenfalls positive Erträge abgeworfen und damit für eine Atempause gesorgt. Selbst im ersten Quartal 2021, als es zu einem abrupten Renditeanstieg kam, musste man Short-Positionen sorgfältig nach Ländern und Fälligkeit auswählen.

Vorsicht vor Basiseffekten

Im Hinblick auf die Portfoliostrategie im zweiten Quartal planen wir eine Rotation von Short-Positionen von US-Treasuries hin zu Bundesanleihen. Dem liegt die Erwartung zugrunde, dass die Impfprogramme in der EU endlich in Gang kommen und dass die EZB ihre derzeitige Sorge um das Renditeniveau bei Bundesanleihen (-0,25 %) ablegt. Am Markt für britische Staatsanleihen sollte es weiterhin zu einer Versteilerung der Renditekurve kommen, wenn auch weniger stark als in den USA, da die fiskalischen Beschränkungen voraussichtlich ausgeprägter sein werden. Das langer Ende der japanischen Zinskurve sollte ebenfalls einen steileren Verlauf annehmen. Wir glauben, dass sich in China eine Gelegenheit zur Übergewichtung ergeben wird. So sollten sich die außergewöhnlichen Konjunkturanreize des Jahres 2020 am dortigen Markt zuerst bemerkbar machen, nachdem die chinesische Wirtschaft früher als der Westen in Mitleidenschaft gezogen worden war. An den Märkten liegt der Fokus zwar auf Basiseffekten im Hinblick auf Wachstum und Inflation, doch sollte man nicht die Basiseffekte bei Geldpolitik und Anleihenemissionen übersehen.

Im Credit-Segment bieten die Spreads von Investment Grade-Anleihen wenig Wertpotential. Im laufenden Jahr wurden die Erträge von Unternehmensanleihen weit stärker von der Duration beeinflusst als vom optionsadjustierten Spread (OAS). Der einzige Unterschied im Hinblick auf die Attraktivität als Anlage besteht darin, dass Unternehmensanleihen etwas höhere Renditen als Staatsanleihen bieten – womit allerdings ein erhebliches Liquiditätsrisiko einhergeht. Während unsere Untergewichtung auf Durationsebene zyklischer Natur ist, betrachten wir unsere Untergewichtung im Credit-Segment als taktisch. Wir rechnen für 2021 im Investment Grade-Bereich mit einer weit engeren Spanne als im Vorjahr (siehe: „Just another range trade”).

Der Hochzinsbereich könnte im weiteren Quartalsverlauf ebenfalls Chancen bieten. Allerdings waren bereits im zweiten Quartal letzten Jahres erhebliche Gewinne zu verzeichnen, die sich in diesem Jahr nicht mehr wiederholen lassen. Im Hinblick auf die Schwellenländer ist Vorsicht geboten, auch wenn wir keine Volatilität in dem Ausmaß erwarten, wie das 2013 der Fall war. Die Konsenserwartung der Sellside-Analysten im Hinblick auf höhere Renditen, weitere Breakeven-Spannen und steilere Zinskurven war überraschend präzise. Die Erwartung eines schwächeren Dollars erscheint jedoch zweifelhafter: Die Schwellenländer würden am stärksten darunter leiden, wenn dem Konsens in Bezug auf den Dollar im Sommer infolge eines Auslaufens der geldpolitischen Maßnahmen die Grundlage entzogen wird. Von daher dürfte eine allgemeine Short-Position angezeigt sein.

Sorgfältiges Management erforderlich

Sowohl im Hinblick auf die Duration als auch das Credit-Risiko ist im kommenden Sommer sorgfältiges aktives Management erforderlich. Die realen Renditen gehen tendenziell nicht zurück, wenn die US-Notenbank damit beginnt, ihre geldpolitischen Vorhaben für die nächsten Jahre zu kommunizieren und anschließend ihre Anreizmaßnahmen zurückzunehmen. Da die Märkte dies vorwegnehmen, sollte es bereits frühzeitig zu verstärkter Volatilität kommen. Sollte die Geldpolitik weniger wachstumsfreundlich werden, könnten die Breakevens darunter leiden, was den Realrenditen starken Schub verleihen würde. Damit würden beide Bestandteile das Standardmuster des Ankündigungseffekts bei der quantitativen Lockerung umkehren. Ein Anstieg der Realrenditen würde in Kombination mit einer überraschend starken Dollarentwicklung mehreren höherbewerteten Assetklassen (insbesondere den stark gefragten außerhalb des Anleihenmarkts) ein Bein stellen. Losgelöst von Bedenken im Hinblick auf ein Auslaufen der geldpolitischen Maßnahmen ist es gut möglich, dass sich vor unseren Augen in zweifacher Hinsicht eine politische Fehlentwicklung vollzieht: überzogene und wenig zielgerichtete staatliche Mehrausgaben und das Experiment einer flexiblen Orientierung der US-Geldpolitik an einem durchschnittlichen Inflationsziel (FAIT).

Doch selbst nach einer turbulenten Marktentwicklung im Sommer nach dem Muster von 2013 rechnen wir damit, dass die wirtschaftlichen Fundamentaldaten intakt bleiben. Schließlich ist das Jahr 2021 nach wie vor auf gutem Weg, in den USA das höchste Wachstum der letzten 36 Jahre zu erreichen. Gleichzeitig ist der Anstieg der Industrieproduktion in China dem Volumen nach gegenüber dem Vorjahr so hoch wie nie zuvor. Soviel zum Thema Deglobalisierung. Im Unterschied zum Jahr 2020 dürften eher marktbezogene Faktoren (und möglicherweise soziale und politische) zu erhöhter Volatilität führen als wirtschaftliche. Sobald der Markt die wirtschaftlichen Aussichten eingepreist hat – typischerweise erreichen die 5-jährigen Forwards auf 5-jährige US-Staatsanleihen im Kalenderjahr nach einer Rezession ihren Höchststand – kommen beim aktiven Anleihemanagement die Long-Positionen wieder stärker ins Spiel als Short-Engagements. Nach der Machtübernahme durch die Demokraten und dem neuen Fiskalpaket erwarten wir, dass es in den USA zu neuen Arbeitsplätzen, der Wiedereröffnung und Erholung der Wirtschaft sowie dem Auslaufen geldpolitischer Maßnahmen kommt – dann werden am Ende auch Anleihen wieder werthaltig sein.

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