Der Versorgersektor spielt eine Pionierrolle bei der globalen Herausforderung, bezahlbaren, CO2-armen und verlässlichen Strom für eine wachsende Bevölkerung bereitzustellen und den Klimawandel durch Dekarbonisierung seiner Erzeugungskapazitäten zu bekämpfen. Er verfügt außerdem über die Aussicht, von der Entwicklung erneuerbarer Technologien zu profitieren, die in den letzten Jahren einen rapiden Rückgang der Stromgestehungskosten bei Wind- und Sonnenenergie ermöglicht haben.
Umfangreiche Kapitalzuflüsse, progressive Politik und die Weiterentwicklung von Technologien ermöglichten 2019 Fortschritte in punkto Umwelt, vor allem in Europa.1 Jedoch ist weltweit noch viel zu tun, um den Klimawandel zu bekämpfen.
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Zu Beginn des Jahres 2021 weisen die Unternehmen aus dem Sektor solide Bilanzen auf, sie verfügen über ausreichend Liquidität, ihre Bonitätsratings sind stabil und die Erträge erholen sich.
Der European Green Deal und der 2030 Climate Target Plan stellten 2019 und 2020 einen wesentlichen Schritt bei den Klimavorhaben der EU dar. Die Coronavirus-Krise hat den Vorhaben der EU weiteren Schub verliehen, da die Bemühungen um eine Dekarbonisierung der Stützung der Wirtschaft nach dem Konjunktureinbruch dienen wird. Bis Sommer 2021 will die Europäische Kommission die gesamte Gesetzgebung der EU in Bezug auf Klima- und Energiepolitik überprüfen und auf den neuen Plan ausrichten.
Grafik 1 | Ranking von Wirtschaftsbranchen nach CO₂-Intensität

Quelle: Trucost; Bloomberg; Robeco’s analysis
Der europäische Versorgersektor weist die zweithöchste Emissionsintensität auf – gemessen als Emissionen im Vergleich zum Kapital – und trägt zu 32 % zu den Scope 1-Industrieemissionen bei. Ergibt sich aus Robecos Analyse von 424 europäischen Unternehmen aus elf Sektoren. Der Versorgersektor emittiert 1 kg Treibhausgas pro 1 Euro Umsatz und pro 1,6 Euro Unternehmenswert. Können die europäischen Versorger dazu beitragen, die Emissionen zu reduzieren, ihre Umsätze und Profitabilität zu steigern sowie ihre Bewertungen in den nächsten zehn Jahren zu erhöhen und gleichzeitig weiterhin führend bei der globalen Energiewende zu sein, ohne gegenüber den großen Ölkonzernen den Kürzeren zu ziehen?
Grafik 2 | Emissionen in der EU in der Perspektive

Quelle: Bericht der European Environmental Agency, November 2020. The International Energy Agency - World Energy Model Documentation, Oktober 2020. Hinweis: *Projektion für 2030 basierend auf dem World Energy Model (WEM) von Oktober 2020 unter dem Stated Policies Scenario (STEPS) – seinem Hauptszenario – das die bis Mitte 2020 erfolgten politischen Entscheidungen und Umsetzungsmaßnahmen in Bezug auf die Energiemärkte berücksichtigt.
Nach Angaben der International Energy Agency würden die 27 EU-Länder auf Grundlage der bis Mitte 2020 getroffenen politischen Beschlüsse bis 2030 ihrer Emissionen um 30 % gegenüber dem Niveau von 1990 reduzieren. Gleichzeitig würde sich ihr globaler Anteil auf 5,7 % mehr als halbieren. Das von der EU kürzlich angekündigte Dekarbonisierungsziel ist ehrgeizig. Demnach sollen die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 55 % gesenkt werden und bis 2050 ein Niveau von netto null erreichen. Dies stellt eine beträchtliche Verschärfung gegenüber dem früheren Ziel einer Reduzierung um „mindestens 40 %“ zum selben Zeitpunkt dar.
Ein steiler Pfad in Richtung Dekarbonisierung
Um dieses Ziel zu erreichen, wird die EU eine Reihe unterschiedlicher Instrumente nutzen, darunter den Ausbau erneuerbarer Energiequellen, die Förderung von Energieeffizienz sowie die Unterstützung und Verbreitung der CO2-Bepreisung. Dieses neue Vorhaben steht im Einklang mit dem Klimaabkommen von Paris zur Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs auf weniger als 2 °C oberhalb vorindustrieller Niveaus. Der Bereich Stromerzeugung, der hauptsächlich von den Versorgerunternehmen repräsentiert wird, steht mit Abstand vor dem steilsten Pfad in Richtung Dekarbonisierung.
Grafik 3 | Dekarbonisierungspfad in unterschiedlichen Sektoren

Quelle: Europäische Kommission, „Stepping up Europe’s 2030 climate ambition plan“, September 2020; ergänzende Anmerkungen von Robeco
Günstiger Ausblick für Versorger im Jahr 2021
Der europäische Versorgersektor hat sich 2020 relativ gut entwickelt. Nach dem starken Rückgang im Frühling hat sich die Stromnachfrage zum Teil wieder erholt. Zu Beginn des Jahres 2021 weisen die Unternehmen aus dem Sektor solide Bilanzen auf, sie verfügen über ausreichend Liquidität, ihre Bonitätsratings sind stabil und die Erträge erholen sich. Das gilt speziell für Firmen mit hohem Anteil an Erneuerbaren Energien und Versorgungsnetzen sowie umfangreichen Investitionsvorhaben für den Zeitraum von 2021 bis 2023.
Worauf es uns bei Anleihen von Versorgern ankommt
Wir schätzen Versorger positiv ein, die die Qualität ihrer Assets und ihre Kostenstruktur verbessern und gleichzeitig aktiv und effektiv auf eine Diversifizierung hinarbeiten. Dazu gehört nicht nur die Abkehr von der Stromerzeugung aus fossilen Brennstoffen und Kernenergie zugunsten erneuerbarer Energiequellen (Wind- und Solarkraft) sondern auch Investitionen in die Netze, Strategien in Bezug auf die Energieeffizienz auf der Angebotsseite, die Offenlegung von Emissionen (Scope 1, 2 und 3) und glaubwürdigen Zielen zur Emissionsverringerung sowie eine geographische Diversifikation in Richtung Schwellenländer.
Die Bonität im Versorgersektor schätzen wir positiv ein. Die führenden Versorgerunternehmen haben ihre Investitionsprogramme dahingehend aktualisiert, höhere Priorität auf Erneuerbare Energien und Netzausbau zu legen. Dabei gelten die Projektionen bezüglich der Relation aus Nettoverschuldung und EBITDA als beherrschbar.
Im Hinblick auf konkretere Beiträge zu den SDGs legen wir den Fokus auf Versorger, deren Aktivitäten positiv zum SDG 7 (bezahlbare und umweltfreundliche Energie) sowie SDG 13 (Bekämpfung des Klimawandels) beitragen. Dazu analysieren wir bestimmte positive und negative Key Performance Indicators. Dazu gehören der Anteil von Erneuerbaren Energien/Kernenergie im Strommix, Umsätze in Schwellenländern, Pläne zum Ausbau von Kernenergie/Kohleverstromung sowie die CO2-Intensität der operativen Tätigkeit. Wir glauben, dass Unternehmen mit entsprechend positiver Charakteristik auf längere Sicht eine verlässlichere und stabilere finanzielle Entwicklung aufweisen werden.
Das Active Ownership-Team von Robeco strebt einen Dialog mit den Versorgerunternehmen an, um ihre auf das Jahr 2030 ausgerichteten Klimastrategien und Dekarbonisierungspfade gründlich zu verstehen und sicherzustellen, dass sie sich bewusst sind, dass Klimawandel-Aspekte ihre Aktienbewertungen, die Entwicklung ihrer Anleihen und Bonitätsratings in den nächsten zehn Jahren beeinflussen werden.