Value-Investing, also die Anlage in Aktien, deren Kurs das Potenzial der betreffenden Unternehmen nicht widerspiegelt, hinkt der Performance von Growth-Investing schon seit elf Jahren hinterher. Die Bevorzugung von „Wachstum um jeden Preis“ machte 2019 zu einem weiteren großartigen Jahr für globale Aktien, war aber auch die Ursache dafür, dass Value-Investing erneut eine deutlich schlechtere Performance einfuhr als Growth-Investing.
Allerdings geht man davon aus, dass die Steigerung des S&P 500 Index um 31,5 % im Jahr 2019 gänzlich aus einer Erhöhung der Kurs-Gewinn-Verhältnisse (KGV) resultierte, die auf die Stimmung am Markt und nicht auf Fundamentaldaten zurückzuführen ist. Auf die beiden letzten, durch eine KGV-Erhöhung befeuerten Rallys in den Jahren 1991 und 1998 folgten mehrjährige Phasen, in denen Substanzaktien eine überdurchschnittliche Performance verbuchten.
Der Wendepunkt könnte bald erreicht sein
Wenn man sich an der Geschichte orientieren darf, könnte der Wendepunkt nicht weit entfernt sein, meint Mark Donovan, Portfoliomanager des der Value-Anlagestrategie folgenden US Large Cap Equities-Fonds. Dieser Fonds investiert ausgehend vom Drei-Kreise-Ansatz von Boston Partners, der darauf abzielt, Aktien ausfindig zu machen, die attraktive Bewertungen, starke Fundamentaldaten und eine zunehmende Geschäftsdynamik oder Katalysatoren für eine Verbesserung besitzen.
Donovan verweist darauf, dass die annualisierten Renditen auf den Russell Growth Index in den letzten drei Jahren mehr als doppelt so hoch waren wie die auf den Russell Value Index und dass der durchschnittliche Rendite-Abstand von 10,8 % nahezu beispiellos ist.
„Es gab bisher nur einen Zeitabschnitt, in dem der Abstand zwischen der Dreijahresrendite auf Wachstumsaktien und der auf Substanzaktien noch größer war“, stellt Donovan fest. „Dies waren – wie Sie vielleicht vermutet haben – die ersten Monate von 2000, der Höhepunkt der Dotcom-Blase. Damals betrug der Renditeabstand mehr als 20 % und war damit noch wesentlich größer, als dies gegenwärtig der Fall ist.“
Historisch betrachtet extreme Werte
Auch wenn der Abstand im Jahr 2000 noch größer war, macht Donovan deutlich: „1991 hatten wir einen ähnlichen Abstand von 10 %. Zweifellos sind jetzt historisch Extreme zwischen Aktien mit hohen und niedrigen Bewertungskennzahlen erreicht worden.“
„Bemerkenswert ist die bedeutende Rolle, welche die Erhöhung der KGVs in letzter Zeit am Markt gespielt hat. Die Gesamtrendite auf den Russell 1000 Growth Index in den letzten drei Jahren ist etwa zur Hälfte auf eine Erhöhung dieser Bewertungskennzahlen zurückzuführen (s. Schaubild).“

„Diese Zunahme der KGVs von Wachstumsaktien war 2019 tatsächlich besonders ausgeprägt. Dennoch dürfte die Gewinnwachstumsrate für den S&P 500 im letzten Jahr in etwa unverändert geblieben sein. Dies bedeutet in der Tat, dass die 2019 erzielte Marktrendite effektiv zu 100 % aus einer Erhöhung der KGVs resultierte.“
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Die Erfahrungen aus den 1990er Jahren
Donovan weist darauf hin, dass eine Erhöhung der KGVs zuletzt 1991 und 1998 für die gesamten Renditen ursächlich war, in einigen Fällen sogar für mehr als 100 %. Auf beide Phasen folgte eine Zeit, in der Value-Investing eine bessere Performance einbrachte als Growth-Investing.
„Überlagert man diese Tatsache mit der eindrucksvollen Outperformance von Wachstumsaktien gegenüber Substanzaktien, die 1991 und 1998 ihren Höhepunkt erreichte, erscheint die Schlussfolgerung berechtigt, dass nach einer Phase mit hohen, größtenteils durch eine KGV-Erhöhung angetriebenen absoluten Renditen der Punkt näher rückt, ab dem Value-Investing die Führungsrolle von Growth-Investing übernimmt“, sagt Donovan.
„Im Fall von 1991 begann der Value-Zyklus im folgenden Jahr, in dem Substanzaktien eine um ca. 9 % bessere Performance erreichten als Wachstumsaktien. Wirklich in Fahrt kam diese Entwicklung aber 1993, als sich der Rendite-Abstand auf ca. 15 % vergrößerte. Im jüngeren Beispiel von 1998 war die Entwicklung noch drastischer. Nach einem Tauziehen zwischen Value- und Growth-Aktien im Jahr 1999 erlebten wir in den drei folgenden Jahren von 2000 bis 2002 eine sehr deutliche Outperformance von Value-Aktien.“
Von der US-Zinsstrukturkurve geht ein weiteres Signal aus
Ein weiteres Signal, das in der Vergangenheit auf ein Comeback von Value-Investing hinwies, ist eine Inversion der US-Zinsstrukturkurve. Das bedeutet, dass länger laufende Anleihen niedriger verzinst werden als solche mit kürzerer Laufzeit. Auf diesen potenziellen Auslösepunkt wies Josh Jones, ein weiterer Portfoliomanager von Boston Partners und Co-Manager des Global Premium Equities-Fonds, in einer aktuellen Studie vom Dezember 2019 hin.
Eine Inversion der Zinsstrukturkurve stellte sich im Mai 2019 ein, und die ersten Anzeichen, dass Aktien aus dem MSCI World Value Index eine bessere Performance erzielen würden als solche aus dem MSCI World Growth Index, wurden Mitte August 2019 sichtbar. Wachstumsaktien hatten aber schon bald wieder die Oberhand, sodass Substanzaktien in den übrigen Monaten des letzten Jahres mit ihrer Performance meist hinter diesen zurückblieben.