20-12-2017 · Einblick

Fakt oder Irrtum: Sustainable Investing geht zu Lasten der Performance

In Zusammenhang mit nachhaltigem Investieren existieren vermutlich mehr Mythen als mit jeder anderen Form der Geldanlage. Am weitesten verbreitet, ist wohl die Idee, dass damit ein Nachteil bei der Wertentwicklung verbunden sei – dass man also bei der Verfolgung eines mutmaßlichen Ideals auf Rendite verzichten muss.

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  • Masja Zandbergen-Albers - Head of Sustainability Integration

    Masja Zandbergen-Albers

    Head of Sustainability Integration

Woher aber kommt dieser Mythos der schwächeren Wertentwicklung nachhaltiger Anlagen? Die Erklärung dürfte zum Teil darin bestehen, dass der Wechsel zu einem nachhaltigen Geschäftsmodell Investitionen erfordert – also Geld kostet. Beispielsweise müssen Energieunternehmen, die sich stärker auf den Bereich Erneuerbare Energien ausrichten, Millionen für neue Infrastruktur ausgeben. Auch die Beschaffung von Vorprodukten von Zulieferern, die ihre Mitarbeiter angemessen bezahlen, bedeutet steigende Kosten. Oder ein Unternehmen mit geringem Grad an Diversität muss möglicherweise Personalberater in Anspruch nehmen, was ebenfalls die Kosten erhöht und die kurzfristigen Renditen drückt.

In der Theorie sollte dies dazu führen, dass sich Unternehmen, die es mit Nachhaltigkeit ernst meinen, unterdurchschnittlich entwickeln. Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall: so lässt sich zeigen, dass die Einhaltung von ESG-Grundsätzen durch Unternehmen und Anleger die Wertentwicklung verbessert. Dies ist vor allem auf die damit verbundene Risikoreduzierung zurückzuführen – zumal in allen drei Bereichen die Standards angehoben werden, um Klimaveränderungen aufzuhalten oder negative Geschäftspraktiken zu bekämpfen.

Finanzielle Relevanz ist entscheidend

Bei der Optimierung der Entscheidungsfindung durch Einbeziehung von ESG-Informationen in den Investmentprozess kommt es darauf an, aus Investmentperspektive zu urteilen und nur Aspekte zu analysieren, die finanziell relevant sind – also die Geschäftstätigkeit maßgeblich beeinflussen. Anders gesagt sollte sich das Research auf diejenigen ESG-Aspekte konzentrieren, die unmittelbare finanzielle Auswirkungen auf den langfristigen Unternehmensertrag und damit auf den Anlageerfolg haben. Im Fall eines Versorgerunternehmens z.B. wären dies Aspekte, die sich auf die Energieeffizienz seiner Aktivitäten und seine Strategie bezüglich umweltfreundlicher Energiequellen beziehen. Bei einer Bank dagegen kämen die Aspekte Governance, Risikomanagement und verantwortungsbewusste Produkte infrage.

Des Weiteren ist festzuhalten, dass die Orientierung an ESG Chancen mit sich bringen oder Risiken verringern kann. Beispielsweise hat das zunehmende Angebot an Elektroautos Anlagechancen sowohl bei den Fahrzeugherstellern als auch ihren Zulieferern geschaffen, dazu gehört auch die Produktion spezieller Rohstoffe wie Lithium für Batterien. Wie die Berücksichtigung von ESG zur Verringerung von Risiken führen kann, lässt sich am Beispiel der Probleme bei Zulieferern in Branchen wie Mode und Einzelhandel erkennen, die sich auf billige Arbeitskräfte gestützt haben. ESG ermöglicht es somit Anlegern, bei der Entscheidung über den Kauf von Aktien oder Anleihen im Rahmen eines „Best in Class“-Ansatzes die Spreu vom Weizen zu trennen.

Vier Studien belegen ESG-Outperformance

In den letzten drei Jahren lieferten vier Studien, die den „Mehrwert“-Aspekt von ESG untersuchten, besonders bemerkenswerte Ergebnisse. Wie stark die Integration von Nachhaltigkeitskriterien den Anlageerfolg erhöhen statt senken kann, demonstrierte erstmals im Jahr 2015 die Studie „From the Stockholder to the Stakeholder: How Sustainability Can Drive Financial Outperformance“, die von der Universität Oxford und Arabesque Partners publiziert wurde. Ausgewertet wurden darin mehr als 200 Quellen, einschließlich akademischen Untersuchungen, Branchenreports, Zeitungsartikeln und Büchern. Als Fazit ergab sich, dass „80 % der untersuchten Studien einen positiven Einfluss ernsthafter Nachhaltigkeitspraktiken auf den Anlageerfolg nachweisen.“ 1

Eine andere Untersuchung aus demselben Jahr, die von der Vermögensverwaltungssparte der Deutschen Bank zusammen mit der Universität Hamburg durchgeführt wurde, ging weit darüber hinaus. Analysiert wurden alle 2.250 akademischen Studien, die seit 1970 zu diesem Thema veröffentlicht worden waren und sich auf Daten aus vier Jahrzehnten bis zum Jahr 2014 stützten. Die Untersuchung ergab, dass laut 62,6 % der zugrundeliegenden Studien ESG positive Auswirkungen auf die finanzielle Entwicklung von Unternehmen hat. Nur 10 % kamen zum gegenteiligen Schluss (bei den übrigen war das Ergebnis neutral). 2

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Höhere Aktienerträge

Bessere Unternehmensergebnisse sollten sich theoretisch in höheren Aktienkursen niederschlagen. Eine Studie der Harvard Business School aus dem Jahr 2016 stellte erstmals einen direkten Zusammenhang zwischen einer besseren Entwicklung von Unternehmen sowie der Offenlegung wesentlicher ESG-Aspekte einerseits und höheren Aktienkursen andererseits her. Das Papier mit dem Titel „Corporate Sustainability: First Evidence on Materiality“ legte eindeutig dar, dass sich der finanzielle Nutzen von ESG in den Vermögenspreisen bemerkbar macht.3

Bei nachhaltigen Investments geht es auch um eine aktive Aktionärsrolle, die den Dialog mit Unternehmen zur Verbesserung ihrer ESG-Standards beinhaltet. Auch dadurch lassen sich nachweislich die Erträge erhöhen. In einem 2017 von drei Forschern veröffentlichten Papier wurden Daten von 660 Unternehmen analysiert, die sich zu Verbesserungen im Hinblick auf eine Reihe von ESG-Aspekten bereiterklärt hatten.

Die Untersuchung ergab, dass die Aktienerträge dieser Unternehmen sechs Monate später im Schnitt um 2,7 % höher waren als diejenigen vergleichbarer anderer Unternehmen ohne entsprechende Maßnahmen. Besonders ausgeprägt war das Ergebnis bei Unternehmen mit zuvor niedrigen ESG-Scores, da ihre Aktienkurse nach einem Jahr diejenigen sonstiger Unternehmen um durchschnittlich 7,5 % übertrafen.4

Geschäftsmodelle im Wandel

Insgesamt deutet diese wachsende Menge an Evidenz darauf hin, dass Unternehmen mit zunehmend nachhaltigen Geschäftspraktiken davon künftig profitieren werden – und dadurch möglicherweise sogar ihre Existenz sichern können. Ölfirmen beispielsweise verändern ihre Geschäftsmodelle allmählich, indem sie sich verstärkt im Bereich Erneuerbare Energien engagieren, während Autohersteller vermehrt Elektrofahrzeuge anbieten und Einzelhändler bei Zulieferern auf den Nachweis der Einhaltung der Menschenrechte bestehen.

Sollten es irgendwann zur Einführung von Obergrenzen für CO2-Emissionen kommen, werden Unternehmen mit entsprechenden regulatorischen oder gesetzlichen Vorschriften besser klarkommen, wenn sie ihren CO2-Fußabdruck schon heute reduzieren. Dieser Aspekt spielt bereits eine Rolle bei Immobilienunternehmen und praktisch allen Versorgern. Gleichzeitig führt die Erreichung einer höheren Energieeffizienz zu sinkenden Kosten und steigenden Gewinnen.

Vereinfacht gesagt führt die Einbeziehung von Nachhaltigkeitsaspekten zu besser abgesicherten Anlageentscheidungen und diese wiederum langfristig zu höheren Erträgen. Aus diesem Grund hat Robeco die ESG-Analyse in seine Investmentprozesse für fundamentale und quantitative Aktienstrategien sowie für Anleihen integriert.