09-04-2021 · Einblick

Das Datendilemma im Kampf gegen den Klimawandel

Es herrscht Einigkeit, dass Treibhausgasemissionen reduziert werden müssen, um die globale Erwärmung einzudämmen – die richtigen Daten zu bekommen, ist aber nicht so einfach.

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  • Thijs Markwat - Climate Data Scientist

    Thijs Markwat

    Climate Data Scientist

Das wird bei dem Versuch deutlich, das Ausmaß der Emissionen zu verfolgen, und insbesondere bei dem Versuch, den Ursprung der Emissionen festzustellen. Für Investitionen und den Aktionärsdialog ist es essentiell, die verantwortlichen Unternehmen zu identifizieren.

Um eine klarere Vorstellung über die Emissionsquelle im Zusammenhang mit Unternehmen zu vermitteln, werden sie als Emissionen aus Scope 1, 2 oder 3 eingeordnet. Kurz gesagt, sind Emissionen aus Scope 1 diejenigen, die direkt von einem Unternehmen erzeugt werden. Scope 2-Emissionen entstehen bei der Erzeugung von Strom oder Wärme für die Herstellung von Produkten. Und Scope 3-Emissionen entstehen entlang der gesamte Wertschöpfungskette, einschließlich des Endverbrauchers des Produkts im Verlauf von dessen Lebenszyklus.

Es aber nicht so, dass es um eine einfache Summierung von Tonnen oder Kubikmeter Treibhausgas ginge – wenn diese Informationen überhaupt verfügbar wären. Aus der Tatsache, dass alle überhaupt erfassten Daten per Definition immer historisch sind, ergeben sich drei Hauptprobleme.

Rückblickende Daten

„Ein grundsätzliches Problem der Daten zum CO2-Fußabdruck ist, dass sie zurückblicken, im Durchschnitt über einen Zeitraum von etwa zwei Jahren. Wenn wir also mit dem Thema Kohlendioxid beschäftigen, schauen wir derzeit auf die Realität des Jahres 2019“, erklärt Thijs Markwat, wissenschaftlicher Klimadatenexperte bei Robeco.

„Das bedeutet, dass die Daten nichts über die Umstellungsbereitschaft eines Unternehmens aussagen. Was wir wirklich brauchen, sind stärker zukunftsorientierte Kennzahlen. Ein CO2-Fußabdruck in der derzeit verfügbaren Form sagt nichts darüber aus, ob das Unternehmen in der Zukunft dekarbonisieren wird.“

Konkurrierende Anbieter

Das zweite Problem ist nicht, dass es zu wenig Daten gäbe, sondern dass sie aus mehreren und sich überschneidenden Quellen stammen, die oft im Widerspruch zueinander stehen. „Scope-1- und Scope-2-Daten sind relativ leicht zu beschaffen. Es gibt aber kaum eine Korrelation des Umfangs zwischen den verschiedenen Datenanbietern,“ meint Markwat. „Das eigentliche Problem ist, dass die Daten nicht gemessen, sondern modelliert werden. Es handelt sich also um Schätzungen.“

Außerdem vermitteln die Scopes selbst nicht das ganze Bild. Während zum Beispiel ein Autohersteller bei der Herstellung eines benzinbetriebenen Autos relativ geringe Scope-1- und Scope-2-Emissionen produziert, würde der Nutzer des Fahrzeugs über viele Jahre hinweg Benzin verbrennen und damit sehr hohe Scope-3-Emissionen über die Abgase verursachen.

Aber die Schwierigkeiten bei der Datenlage sollten uns nicht vom Handeln abhalten. „Der Mangel an Daten wird von einigen als Ausrede dafür genutzt, das Problem nicht direkt anzugehen“, sagt Markwat. „Wir müssen aufpassen, dass wir das ganze Problem nicht auf die Verfügbarkeit von Daten reduzieren. Die Herausforderung ist eher analytischer Natur und wird durch die Daten selbst verursacht. Wir wissen, welche Sektoren kohlenstoffintensiv sind. Wir können also auf dieser Grundlage handeln.“