30-01-2023 · Interview

Index-Lösungen, die die ganze Nachhaltigkeitspalette abdecken

Passives und nachhaltiges Investieren sind zwei bedeutende Trends, die sich in der Assetmanagement-Branche herausgebildet haben. Daher interessieren sich Kunden zunehmend für nachhaltige Alternativen zu passiven, nach Börsenkapitalisierung gewichteten Indizes. Unser Gespräch mit dem Sustainable Index Solutions-Team bestätigt dies, wie wir von Joop Huij, Simon Lansdorp, Georgi Kyosev, Jean-Paul van Brakel und Frank Wirds hören.

    Autoren/Autorinnen

  • Lusanele Magwa - Investment Specialist

    Lusanele Magwa

    Investment Specialist

Joop, das Sustainable Index Solutions-Team besitzt einen ausgeprägten Background im Research und umfangreiche Erfahrung im Portfoliomanagement. Welche Vorteile bringt das?

Joop Huij: „Diese Erfahrung erweist sich als sehr vorteilhaft bei der Index-Erstellung für Kunden, weil wir mit allen Aspekten des Investierens vertraut sind. Anders ausgedrückt: Wir managen Portfolios nicht nur auf dem Papier und stützen uns auch nicht wie einige typische, große Benchmark-Anbieter nur auf langfristige Backtests. Wir managen tatsächlich diese Portfolios von Tag zu Tag und richten sie neu aus, und zwar im direkten Austausch z. B. mit unserem Risikomanagement und unserer Handelsabteilung.“

„Die ständige Beschäftigung mit den Portfolios veranlasst uns, Auswahlentscheidungen für unsere Index-Strategien immer kritisch zu prüfen. Das betrifft beispielsweise unsere Anstrengungen, um eine effizientere Positionierung in Faktor-Prämien zu erreichen, z. B. durch Vermeidung unkompensierter Risiken und durch intelligente Kombination von Faktoren. Es betrifft aber auch die effiziente Umsetzung, z. B. durch ausdrückliche Berücksichtigung von Umschlagshäufigkeit, Liquidität und Kapazität bei der Index-Erstellung.“

„Die meisten Index-Anbieter haben jedoch einen Background in der Erstellung von Benchmarks, die zu Berichtszwecken verwendet werden, nicht aber als Grundlage für Anlagestrategien. Sie kennen sich aus mit der Erstellung von Indizes anhand relativ einfacher Regeln hierfür, besitzen aber anders als wir keinen Background im Assetmanagement und in der tatsächlichen Umsetzung.“

„Die Umsetzung von Ansätzen auf Basis liquider, weit gefasster und nach Marktkapitalisierung gewichteter Indizes unter Beachtung dieser einfachen Regeln hatte bisher wenig negative Auswirkungen. Bei aktiveren Investmentansätzen wie Mehrfaktoren-Indizes oder nachhaltigen Indizes sollte aber unserer Meinung nach eine effiziente Umsetzung im Mittelpunkt der Index-Konzeption stehen. Wir stellen beispielsweise fest, dass sich viele gängige Indizes wegen mangelhafter Index-Konzeption als sehr ineffizient erweisen und zu hoher Umschlagshäufigkeit sowie sehr illiquiden Trades führen.“

Simon, können Sie erklären, inwieweit Robeco-Indizes Kunden Lösungen für die Herausforderungen bieten können, vor denen sie stehen?

Simon Lansdorp: „Unsere Kunden können eine maßgeschneiderte Lösung oder eine Lösung auf Basis eines Robeco-Index wählen und die Strategie i. d. R. selbst umsetzen oder einen externen Assetmanager damit beauftragen. Darüber hinaus machen wir unsere Methode der Index-Erstellung nicht öffentlich, bieten unseren Kunden aber den zusätzlichen Vorteil völliger Transparenz. Deshalb können unsere kostengünstigen und transparenten Indizes als direkte Antwort auf den Trend zu passivem Investieren angesehen werden, die jedoch nicht die mit ‚Overcrowding‘ oder ‚Index Front-Running‘ verbundenen, erheblichen impliziten Kosten verursachen.“ 1

„Wir setzen erhebliche Ressourcen im Research ein, um neue oder bessere Möglichkeiten der Umsetzung von Anlagestrategien zu finden. Wir haben Spaß an diesem Research, und dieses findet auch eine positive Resonanz bei unseren Kunden, die erwarten, dass wir neue Ideen rasch aufgreifen und die neuesten Erkenntnisse in der Praxis anwenden. Mit unserer innovativen Einstellung und unseren anpassbaren Index-Lösungen versuchen wir stets, höchsten Qualitätsstandards zu genügen. Unsere Research-Arbeit zu faktorbasiertem Investieren und unser geistiges Eigentum im Bereich nachhaltiges Investieren sind konkrete Beispiele dafür.“

„Und schließlich eignen sich unsere Indizes auch gut dafür, die Nachhaltigkeitsziele unserer Kunden zu erreichen. Wegen der dafür erforderlichen aktiven Anlageentscheidungen ist es sehr schwierig, Nachhaltigkeitsaspekte in gängigen Benchmark-Strategien zu berücksichtigen. Beispielsweise ist es etwas ganz anderes, ein Land aus einem nach Börsenkapitalisierung gewichteten Index auszuschließen, als ausdrücklich festzulegen, was ein nachhaltiges Unternehmen ist und was nicht. Unsere aktive Denkweise und Expertise im Bereich nachhaltiges Investieren sind in dieser Hinsicht hilfreich.“

Georgi, wie wird Nachhaltigkeit in die Robeco-Indizes integriert?

Georgi Kyosev: „In den letzten drei Jahren haben wir bemerkenswerte Fortschritte bezüglich unserer Philosophie zu nachhaltigem Investieren gemacht. Dazu gehört z. B. das ausdrückliche Ziel der Übereinstimmung mit den UN-Zielen für nachhaltige Entwicklung (SDGs). Um dies zu erreichen, integrieren wir Robecos SDG-Rahmenkonzept. Damit beurteilen wir, ob das Kerngeschäft eines Unternehmens erhebliche positive oder negative Auswirkungen auf die SDGs hat.“

„Unser Research zeigt, dass ESG-Ratings kaum mit den Präferenzen der Anleger in Einklang stehen, weil diese Ratings im Hinblick auf ESG-Themen im Allgemeinen auf den finanziellen Erfolg von Unternehmen abstellen.2 Unsere SDG-Scores stellen dagegen die Beiträge von Unternehmen zu einer besseren Welt in den Fokus, und es hat sich gezeigt, dass sie deutlich besser mit den Präferenzen der Anleger übereinstimmen. Bei unseren Indizes vermeiden wir es, Positionen in Unternehmen mit negativen oder sehr negativen SDG-Scores aufzubauen – je nach dem Grad der Integration von Nachhaltigkeit.“

„Die zweite Dimension von Nachhaltigkeit für unsere Indizes bezieht sich auf ein niedriges CO2-Ziel. Damit wollen wir die Portfolios unserer Kunden besser auf eine Welt ausrichten, die auf dem Weg zu einer Wirtschaft mit geringem CO2-Ausstoß ist. Wenig überraschend erreichen wir dies durch Vermeidung von CO2-intensiven Unternehmen. Anders als gängige, auf geringe CO2-Emissionen abstellende Strategien achten wir aber nicht nur auf den CO-Fußabdruck. Unser Research zeigt beispielsweise, dass „grüne“ Innovationen in erheblichem Maße durch das die Umwelt stärker verschmutzende Segment des Marktes vorangetrieben werden. Anders ausgedrückt: Auf naive Weise Aktien von Unternehmen mit hohem CO2-Ausstoß zu verkaufen, könnte den Übergang zu Netto-Null sogar erschweren.“

Deshalb sehen wir uns ganz bewusst auch die klimabezogenen SDG-Scores von Unternehmen an und belassen diejenigen Unternehmen im Portfolio, die als im Klimaschutz führend in unseren Indizes angesehen werden können; denn sie gelten als entscheidend, um die Energiewende voranzubringen. Zudem berücksichtigt unser auf geringe CO2-Emissionen abstellender Ansatz von unserem Climate Strategist-Team erstelltes fundamentales Research, um nicht nur das derzeitige CO2-Fußabdrucksprofil unserer Indizes zu verkleinern, sondern auch um weiter zwischen Nachzüglern und Anführern in Sachen Klimaschutz zu unterscheiden und so einen Beitrag zu einer zukünftigen CO2-armen Wirtschaft zu leisten.“

Jean-Paul, können Sie uns mehr über die Arbeit des Teams zur Handhabung des Übergangsrisikos sagen?

Jean-Paul van Brakel: „Wir sind gerade dabei, einen Klima-Beta-Koeffizienten zu implementieren, einen neu entwickelten Klimarisikoindikator, von dem wir begeistert sind. Dieser Koeffizient misst die Sensitivität einer Aktie oder eines Portfolios gegenüber dem Klimarisikofaktor. Aktien mit hohem Klima-Beta-Koeffizienten sind dem Klimatransitionsrisiko tendenziell stärker ausgesetzt als solche mit niedrigem Koeffizienten. Der Klima-Beta-Koeffizient wird aus Börsenkursen abgeleitet, besitzt zukunftsgerichtete Eigenschaften und erfasst eine andere Dimension des Klimarisikos als andere, bereits existierende Klimakennzahlen.“

„Man kann den Klima-Beta-Koeffizienten beispielsweise verwenden, um die Sensitivität eines Portfolios gegenüber dem Klimatransitionsrisiko zu verringern. Eine Verringerung des Klimatransitionsrisikos ist die dritte Dimension von Nachhaltigkeit, die wir in unsere Indizes integrieren. Der Klima-Beta-Koeffizient kann auch bei der Unterscheidung zwischen Nachzüglern und Anführern beim Klimaschutz helfen. So kann er beispielsweise genutzt werden, um Ideen zu entwickeln, oder als Screening-Instrument für unser Fundamental Equities-Team. Da der Klima-Beta-Koeffizient andere Aspekte des Klimarisikos erfasst, prüft unser Climate Strategist-Team außerdem, wie er zum bestehenden Werkzeugkasten für die Klimaanalyse hinzugefügt werden kann.“

Frank, welche Indizes werden am stärksten nachgefragt? Und wie nutzen Kunden diese Indizes?

Frank Wirds: „Wir bemerken bei vielen unterschiedlichen Kunden großes Interesse an unseren Nachhaltigkeitsindizes. Sowohl an unseren ‚CO2-armen‘ Index-Lösungen mit niedrigem Tracking Error als auch an unseren ‚CO2-armen‘ SDG-Indizes, die Kunden als nachhaltige Alternative zu passiven, nach Börsenkapitalisierung gewichteten Indizes für ihre Aktienportfolios ansehen. Wir beobachten aber auch, dass sich viele unserer Kunden, die Mehrfaktoren-Indizes nutzen, in Richtung Nachhaltigkeit bewegen. Sie vergrößern beispielsweise ihre Ambitionen in Bezug auf Nachhaltigkeit oder befassen sich damit, z. B. indem sie unser SDG-Rahmenkonzept einbeziehen, den CO2-Fußabdruck verkleinern und/oder den Klima-Beta-Koeffizienten in den Prozess integrieren.“

„Unsere Kunden verwenden unsere Indizes auf vielerlei Weise. Beispielsweise beauftragen sie Assetmanager mit der Nachverfolgung unserer Indizes in Spezial- oder Indexfonds. Unsere Kunden betrachten unsere Lösungen als hochmoderne Musterportfolios und managen darauf aufbauende Aktienfonds unter ihrem eigenen Namen. Sie können sich auch für die Auflegung von eng an unsere Indizes angelehnte ETFs oder Indexfonds entscheiden. Wieder andere Kunden verwenden unsere Lösungen, um sich mittels Swaps effizient in Faktoren zu positionieren.“

„Tatsächlich stellen wir eine zunehmende Nachfrage von Investmentbanken fest, um sogenannte Equity-Index-Linked-Notes zu entwickeln, die unsere SDG-fokussierten Indizes als zugrunde liegende Indizes verwenden. Wir sehen also eine sehr unterschiedliche Verwendung unserer Indizes durch verschiedene Kategorien von Kunden wie Versorgungskassen, Staatsfonds, Versicherungsgesellschaften, Beratungsunternehmen sowie Großkunden- und Investmentbanken.“

„Unsere Kunden schätzen auch unsere Flexibilität bei der Konzeption maßgeschneiderter Index-Lösungen. Dabei stehen unterschiedliche Aspekte im Vordergrund: die ‚aktive‘ Ausrichtung eines Index, die Positionierung in bestimmten Faktoren oder Umfang und Dimensionen der Integration von Nachhaltigkeit. Wir arbeiten mit unseren Kunden zusammen, um Bausteine miteinander zu kombinieren – SDG, geringe CO2-Emissionen, Klimarisiko und/oder Faktoren – , die sie vorzugsweise in ihrer Index-Lösung haben wollen, und bei der Festlegung ihrer Risikobudgets. Auch innerhalb der einzelnen Bausteine besteht Flexibilität.“