Auf der kürzlich in Glasgow abgehaltenen United Nations Climate Change Conference (COP26) wurde erneut die Notwendigkeit betont, die Emissionen von Treibhausgasen drastisch zu reduzieren. Um den globalen Temperaturanstieg auf deutlich unterhalb von 2 °C zu begrenzen, müssen die Emissionen gegenüber dem Niveau der 1990er Jahre bis 2030 um 55 % verringert und bis 2050 auf netto null gesenkt werden.1
Da viele Branchen ihren Beitrag zur Klimawende leisten wollen, muss der Immobiliensektor beträchtliche Anstrengungen unternehmen, um die im Klimaabkommen von Paris festgelegten Ziele zu erreichen. Die bisher unternommenen Schritte zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen reichen nicht aus. Der Immobiliensektor bleibt einer der Bereiche, die am stärksten zu den globalen Treibhausgasemissionen beitragen.
Dekarbonisierungsziele und Strategien zur Verringerung gebäudebezogener Emissionen sind für viele Immobilienunternehmen zur zentralen Priorität geworden. Dazu beigetragen haben neben steigendem Bewusstsein für die gesellschaftliche Verantwortung auch strengere Regulierungen und neu eingeführte CO2-Steuern, die in den kommenden Jahren wesentlich steigen dürften.
Allerdings werfen der geringe Fortschritt bei der Dekarbonisierung und die Risiken eines Verfehlens der Ziele zur CO2-Neutralität die Frage auf, welche die finanziellen Konsequenzen für den Immobiliensektor sind, wenn diesem die Dekarbonisierung nicht schnell genug gelingt. Damit ist auch die Frage verbunden, auf welche Weise der Sektor seine CO2-Emissionen reduzieren könnte.
Benötigt: Investitionen im Volumen von 20 Billionen US-Dollar
Laut der Internationalen Energieagentur (IEA) entfallen auf Gebäude mehr als 38 % (13,4 Mrd. Tonnen) CO2) der gesamten energiebezogenen Emissionen pro Jahr. Die Beheizung, Kühlung und Beleuchtung von Gebäuden sind für 28 % der globalen Emissionen verantwortlich. Auf den Bau und die dabei verbrauchten Materialien (meist als verbautes CO2 bezeichnet) entfallen weitere 11 %.
Um die gesetzten Ziele zu erreichen, muss der Immobiliensektor seine Emissionen mit einer Dekarbonisierungsrate von 6 % pro Jahr (85 % bis 2050) senken. Diese Herausforderung verlangt große Investitionen in Programme zur Nachrüstung von Gebäuden mit einem potentiellen Volumen von mehr als 20 Billionen US-Dollar (siehe Grafik 1). Das ist die einzige Alternative zur Inkaufnahme noch höherer Kosten in Form möglicher CO2-Steuern oder des Risikos von „Stranded Assets“.
Grafik 1: Gesamte Dekarbonisierungskosten nach Kategorien

Quelle: Morgan Stanley BluePaper (2019): Decarbonization: The Race to Net Zero, Global Alliance for Buildings and Construction, International Energy Agency and the United Nations Environment Programme (2019): 2019 global status report for buildings and construction: Towards a zero-emission, efficient and resilient buildings and construction sector, Robeco.
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Wenn der Immobiliensektor die erforderlichen Dekarbonisierungsziele nicht erreicht, steht er vor möglicherweise erheblichen finanziellen Konsequenzen. Unter Berücksichtigung des Gesamtwerts von Immobilien weltweit (rund 250 Billionen US-Dollar2) ergeben unsere Simulationen, dass sich die kumulierten Kosten auf 7-19 % des globalen Immobilienmarktwerts (zwischen 19 und 48 Billionen US-Dollar) belaufen können.
Seitdem der Mensch mit Beton und Stahl zu bauen begonnen hat, haben die mit dem Bau verbundenen CO2-Emissionen beträchtlich zu den Gesamtemissionen von Gebäuden beigetragen. Der größte Teil der CO2-Emissionen während der typischen Lebensdauer eines Gebäudes resultiert jedoch nach wie vor aus dessen Betrieb.
Während es Fortschritte bei der Bezifferung und Verringerung der baubedingten CO2-Emissionen gibt, besitzen die betriebsbedingten Emissionen nach wie vor hohe Priorität für den Immobiliensektor. Technologien zur Nachrüstung von Gebäuden zwecks Verringerung der CO2-Emissionen sind bereits am Markt verfügbar. Gleichzeitig können erneuerbare Energien und effiziente Konstruktionen die betriebsbedingten CO2-Emissionen eines Gebäudes ausgleichen.
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Nach unseren Analysen dürfte der Sektor seine CO₂-Emissionen bis 2030 um 43 % senken.
Analyse der Dekarbonisierungsstrategien von 200 Unternehmen
Auf Grundlage veröffentlichter Angaben von 200 Unternehmen aus dem Bereich börsennotierter Immobilienanlagen und ihrer Dekarbonisierungsstrategien dürfte der Sektor seine CO2-Emissionen bis 2030 um 43 % senken. Obwohl diese Verringerung niedriger wäre als im Rahmen von COP21 gefordert, würde dieser Pfad die finanziellen Auswirkungen möglicher CO2-Steuern erheblich verringern.
Grafik 2: Projizierter Dekarbonisierungspfad für den S&P Developed Property Index

Quelle: Robeco.
Bezogen auf das aktuelle Niveau der CO2-Emissionen könnten die Steuern auf betriebsbedingte Emissionen ohne weiteres 4 % der Marktkapitalisierung börsennotierter Immobilienanlagen ausmachen. Unsere Analysen zeigen außerdem, dass diese möglichen Kosten im Immobiliensektor keineswegs gleichverteilt sind, ganz im Gegenteil.
Diese Kosten können in einigen Bereichen unerheblich sein, während in den Segmenten, die am schlechtesten abschneiden, bis zu 10 % der Marktkapitalisierung darauf entfallen können. Daraus ergibt sich das Fazit, dass einige Bereiche des Immobiliensektors zweifellos größeren Risiken ausgesetzt sind als andere. Von daher sollten Investoren im Bereich börsennotierter Immobilienanlagen bereits jetzt Dekarbonisierungsstrategien in ihre Bewertungssystematik und ihre Anlageentscheidungen aufnehmen.
Fußnoten
1Schätzung basierend auf den von der EU gesetzten Zielen im Rahmen des European Green Deal.
2Quelle: Savills World Research (2021): The total value of global real estate.
