Die irrige Auffassung, dass nachhaltiges Investieren nur bei Aktien funktioniert, wurzelt darin, dass Anleihenkurse eine stärkere Sensibilität gegenüber gesamtwirtschaftlichen Faktoren wie Zinsen und BIP-Wachstum aufweisen als gegenüber unternehmensspezifischen ESG-Faktoren. Einigen Anlegern fällt es auch schwer einzusehen, weshalb ESG-Aspekte für Anleihen relevant sein sollten, die ohnehin zurückgezahlt werden müssen.
Letztlich geht es aber darum, das Risiko zu reduzieren. Nach einem Grundsatz, dem Robeco bei Unternehmensanleihen schon lange folgt, ist es wichtiger, die Verlierer zu vermeiden als zwangsläufig alle Gewinner in einem Portfolio zu vereinen. Die Verlierer zu vermeiden, setzt eine sorgfältige Analyse des spezifischen Risikos jeder Anleihe voraus, und zwar in Bezug auf die Fähigkeit des Emittenten, den geschuldeten Betrag zurückzahlen zu können oder nicht. An dieser Stelle kann eine ESG-Analyse hilfreich sein.
Im Fall von Staatsanleihen können die jeweiligen Länderrisiken anhand vielfältiger ESG-Kriterien beurteilt werden. Das Country Sustainability Ranking (CSR) von RobecoSAM vereint eine Vielzahl von Daten zum jeweiligen Land, fasst sie in einem Score zusammen und wird zweimal pro Jahr aktualisiert. Der Score basiert auf 17 Faktoren, die mit 15 % für Umweltaspekte, 25 % für soziale Aspekte und 60 % für Governance-Aspekte gewichtet werden. Dies stellt eine große Hilfe bei der Länderallokation dar. Z.B. fiel die Analyse im Oktober 2017 für Irland weit positiver aus und für die Türkei weniger, sodass die Anleihenteams das Risiko ihrer Portfolios entsprechend anpassen konnten.
Analyse von Unternehmensanleihen
RobecoSAM führt auch ein Company Sustainability Assessment (CSA) durch. Dabei handelt es sich um eine detaillierte Analyse jedes Aspekts des ESG-Profils eines Unternehmens, von den CO2-Emissionen über die Arbeitsbedingungen bis hin zur Zusammensetzung der Führungsgremien. Diese Analyse wird sowohl für Aktien als auch Unternehmensanleihen verwendet, da sich die zugrundeliegenden Daten eher auf das Unternehmen als auf das jeweilige Wertpapier beziehen.
Wie bei Aktien auch müssen alle einbezogenen Informationen finanziell relevant sein. D.h. sie müssen greifbare Auswirkungen auf Aspekte wie Gewinnmarge, Erträge oder Kosten haben. Damit wirken sie sich unmittelbar auf die Fähigkeit des Unternehmens zur Rückzahlung (oder Refinanzierung) einer Anleihe aus. Während es bei der Aktienanalyse typischerweise um die Identifikation von Kurspotential geht, steht bei Anleihen weiterhin die Vermeidung etwaiger Abwärtsrisiken im Mittelpunkt.
Die ESG-Informationen fließen dann in eine weitergefasste Analyse der Vorteile ein, die eine Anleihe investitionswürdig machen. Bei Robeco erfolgt dies durch Bildung eines „F-Score“, in den zusätzlich zum Nachhaltigkeit-Score das Finanzprofil des Unternehmens, seine Geschäftsposition, seine Unternehmensstrategie und seine Struktur einfließen, wie das nachfolgende Diagramm veranschaulicht.

Auswirkungen auf ein Drittel der Fälle
Wie die Erfahrungen von Robeco bei Unternehmensanleihen zeigen, wirkten sich im Jahr 2017 die ESG-Informationen in 30 % der Fälle negativ auf das Gesamtergebnis der Fundamentalanalyse aus. In 3 % der Titel im Anlageuniversum war der Effekt positiv. Dadurch werden die Anlageentscheidungen unserer Anleihenmanager direkt beeinflusst. Wie bei Aktien auch ist das Verfahren beim Kauf und Verkauf von Anleihen hilfreich.
Natürlich unterscheidet sich die relative Bedeutung der einzelnen ESG-Variablen je nach Branche. Umweltaspekte und die Notwendigkeit zur Emissionsreduzierung sind bei Ölfirmen wichtiger als im Einzelhandelssegment, wo die Arbeitsbedingungen das wichtigere Thema sind. Bei Banken wiederum hat die Governance in Bezug auf das Management von Risikofaktoren die höhere Priorität. Nahrungsmittelanbieter sehen sich verstärktem Druck zur Herstellung gesünderer Produkte ausgesetzt. Eine jüngst dem britischen Parlament vorgelegte Studie kam zu dem Schluss, dass „Zucker der neue Tabak ist“ und entsprechend besteuert werden sollte. Damit entstehen eindeutig Risiken für die zukünftige Profitabilität und das Fortbestehen von Nahrungsmittel- und Getränkeherstellern.1
Grüne Anleihen gewinnen an Beliebtheit
Ein Bereich, in dem nachhaltiges Investieren einen exklusiven Zugang zu den Anleihenmärkten beinhaltet, sind „grüne“ Anleihen (Green Bonds). Dabei handelt es sich um Anleihen zur Finanzierung von Umweltprojekten, die von Windkraftwerken bis zu Wasseraufbereitungsanlagen, vor allem in den Schwellenländern, reichen.2
Sie sind wie normale Staats- oder Unternehmensanleihen ausgestaltet und verfügen meistens über ein Investmentgrade-Rating. In einigen Fällen handelt es sich um besicherte Wertpapiere, bei denen die zukünftigen Ertragsströme aus dem Projekt (z.B. Strom aus Erneuerbaren Energien, der in das Netz eines Landes eingespeist wird) als Sicherheit für die Anleihenkäufer dienen.
Der Markt für Green Bonds hat sich erheblich weiterentwickelt, seitdem die erste Anlage dieser Art 2007 von der Europäischen Investitionsbank und der Weltbank aufgelegt wurde. Mittlerweile sind Green Bonds bei den Anlegern etabliert, auch Robeco setzt sie in ausgewählten Anleihenportfolios ein. Laut einer Untersuchung von Bank of America Merrill Lynch, (Anbieter eines Green Bond Index seit 2014) betrug das gesamte ausstehende Volumen von Green Bonds im Jahr 2017 mehr als 200 Mrd. US-Dollar.3
Creating returns that benefit the world we live in
Fußnoten
1 Dr. Aseem Malhotra, ‘Sugar is the new tobacco, so let’s treat it that way’, 2016
2 Mehr Informationen zu Green Bonds finden Sie hier
3 Bank of America Merrill Lynch research, November 2014