19-07-2022 · Einblick

Global Consumer Trends: Auf Beständigkeit kommt es an

Wachstumswerte wurden im ersten Halbjahr 2022 durch die Mangel gedreht. Die Kombination aus schnell steigenden Zinssätzen, hartnäckig hoher Inflation und sehr hohen Bewertungskennzahlen erwies sich als verhängnisvoll.

    Autoren/Autorinnen

  • Jack Neele - Portfolio Manager

    Jack Neele

    Portfolio Manager

  • Richard Speetjens - Portfolio Manager

    Richard Speetjens

    Portfolio Manager

In letzter Zeit hat die Angst vor einer bevorstehenden Rezession an den globalen Aktienmärkten insgesamt deutliche Spuren hinterlassen. Und sogar Dividendentitel mit bisher starker Performance wie Energie- und Rohstoffaktien konnten dem zunehmenden Abwärtsdruck nicht standhalten. Auch wenn die absoluten Renditen dadurch offensichtlich noch stärker unter Druck geraten sind, hat es den Anschein, dass sich Wachstumsaktien in relativer Betrachtung allmählich wieder besser entwickeln.

Außergewöhnliche Umstände

Eine Marktkorrektur war vermutlich fällig, auch wenn wir zugeben, dass auch wir von Zeitpunkt, Geschwindigkeit und Ausmaß überrascht wurden. Rückblickend waren natürlich alle Anzeichen vorhanden; denn es gab eine Reihe von Exzessen, die darauf hindeuteten, dass die Märkte ihre Höchststände erreicht hatten.

Allerdings führten außergewöhnliche Umstände dazu, dass übermäßige Risiken eingegangen wurden. Zunächst hatte die US-Notenbank Fed als Reaktion auf den Ausbruch der Corona-Pandemie eine Notfallzinssenkung bekanntgegeben, die Leitzinsen nahezu auf null gesenkt und massive quantitative Lockerungsmaßnahmen eingeleitet. Obwohl die Zinssätze bereits sehr niedrig waren, veranlassten die Maßnahmen die Anleger anzunehmen, dass die Zentralbanken tun würden, was auch immer erforderlich ist, um die Wirtschaft zu schützen.

Infolgedessen boomten die Aktienmärkte, sodass z. B. der S&P 500 bereits im August 2020 alle seit Jahresbeginn erlittenen Verluste wieder wettgemacht hatte. Angeführt von Large-Cap-Wachstumsaktien aus dem Technologiebereich wie insbesondere Apple (+81 % in 2020) und Amazon (+76 %) nahm die Hausse Fahrt auf, und die Stimmung unter den Anlegern verbesserte sich rasch.

Höhere Zinssätze schaden

Wenn die Märkte ihre Richtung ändern, stellen Anleger oft fest, dass viel Geld in unproduktive oder unrentable Unternehmen investiert wurde. Diesmal wurde der Stimmungsumschwung durch steigende Inflationsraten und anschließend durch die Erwartung deutlich höherer Zinssätze ausgelöst.

Besonders hohe Verluste verzeichneten Wachstumswerte, d. h. Aktien von Unternehmen mit überdurchschnittlichen Wachstumserwartungen, weil diese häufig zu einem hohen Vielfachen ihrer derzeitigen Gewinne gehandelt werden und Anleger für das längerfristige Gewinnpotenzial bezahlen. Diese Papiere reagieren viel empfindlicher auf steigende langfristige Zinssätze, weil sich diese auf den Diskontierungssatz für zukünftige Gewinne auswirken.

Nach unserer Überzeugung liegt die Korrektur des Bewertungsniveaus weitgehend hinter uns, weil die Bewertung des Portfolios inzwischen insgesamt eher dem historischen Durchschnitt von vor der Pandemie entspricht. Ende Juni betrug das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) unseres Portfolios ausgehend von einem geschätzten Gewinnwachstum von etwa 19 % in den nächsten drei bis fünf Jahren 23,7. Vor der Pandemie lag das durchschnittliche KGV unseres Portfolios (auf der Grundlage von bis zum 31.12.2019 reichenden Daten) zum Vergleich bei 24,2 (siehe Grafik unten).

Abbildung 3 | Bewertung (gemessen am Kurs-Gewinn-Verhältnis auf Basis der geschätzten Gewinne für das nächste Jahr) unseres Portfolios im Vergleich zum Markt

Abbildung 3 | Bewertung (gemessen am Kurs-Gewinn-Verhältnis auf Basis der geschätzten Gewinne für das nächste Jahr) unseres Portfolios im Vergleich zum Markt

In schwierigen Zeiten

In schwierigen Zeiten, in denen das Portfolio so wie in den letzten zwölf Monaten mit seiner Performance deutlich hinter dem Markt zurückbleibt, empfiehlt es sich, einen Schritt zurückzutreten und sich die zugrundeliegenden Fundamentaldaten der ausgewählten Langfristtrends anzusehen. Deshalb schauten wir uns die wichtigsten Grundsätze des Trend Investing wieder an, um zu prüfen, ob unsere ursprünglichen Annahmen noch gelten.

Zur Erinnerung: Trend Investing zielt darauf ab, von tiefgreifenden Veränderungen in der Gesellschaft zu profitieren. Dazu gehören durch Technologie bedingte Veränderungen, durch die Politik gesteuerte Veränderungen (Regulierungsvorschriften) und soziokulturelle sowie durch die demografische Entwicklung bedingte Veränderungen. Strukturelle Veränderungen erschweren es etablierten Unternehmen im Allgemeinen, die Kontrolle über ihre Marktposition zu behalten.

Herausforderer oder viel versprechende wirtschaftliche Ökosysteme können sich diese Veränderungen allerdings oft zunutze machen, um in bestehende Märkte einzutreten oder neue Märkte zu schaffen. Dies spiegelt sich in sich ständig ändernden Gewinnpools wider. Unser wichtigstes Ziel ist es, diese Veränderungen vorwegzunehmen und auszunutzen.

Die Langfristtrends sind nach wie vor intakt

Ein weiterer Vorteil eines trendorientierten Ansatzes ist, dass man meist von einer starren Einteilung nach Regionen oder Sektoren abrückt, die für die Einschätzung des Wachstumspotenzials von Unternehmen oft nur wenig Mehrwert bietet. Trends erstrecken sich normalerweise auf mehrere Regionen und Sektoren. Durch die beständige Positionierung in Bezug auf einen bestimmten Trend wird sichergestellt, dass das Portfolio strukturell auf höheres Wachstum und wirtschaftliche Wertschöpfung ausgerichtet ist. Die Zukunftsgerichtetheit des Trend Investing steht in starkem Kontrast zu den weit verbreiteten benchmarkbasierten Konzepten, die sich sehr auf die Bedingungen in der Gegenwart stützen.

Im speziellen Fall des Global Consumer Trends-Fonds sind die drei Langfristtrends (digitale Transformation des Konsums, Aufstieg der Mittelschicht in den Schwellenländern und der zunehmende Stellenwert, den Gesundheit und Wohlergehen für die Verbraucher haben) noch genauso gültig wie im letzten Jahr. Wir halten es z. B. für sehr unwahrscheinlich, dass es bei der Umstellung auf digitale Zahlungen zu einem Stillstand kommen wird, nur weil die Zinssätze steigen.

Angesichts der zunehmenden wirtschaftlichen und geopolitischen Unsicherheit (hohe Inflation, Zinserhöhungen, Ölpreise von 120 USD pro Barrel, Russlands Krieg in der Ukraine usw.) haben die Anleger ihren Anlagehorizont allerdings deutlich verkürzt. Dies hat zwar im ersten Halbjahr zu einem bedeutenden Rückgang der Bewertungskennzahlen geführt, aber nichts an der längerfristigen Gültigkeit der ausgewählten Themen geändert.